Autor Erik, Anmerkungen Laura
Australien baut ein großes Boot, um den Klimawandel zu überstehen – oder so ähnlich. Freitagmittag ging es für Laura und mich auf die Straße, um zu sehen, was es mit der Arche wirklich auf sich hat.
Doch von vorne: Alles fing damit an, dass Laura eine Netflix Serie mit dem bekannten High School Musical Star Zac Efron schauen wollte: Down To Earth with Zac Efron (nach Antonias Empfehlung!). Auch wenn ich erst sehr skeptisch war – die zweite Staffel über Australien ist in der Tat nicht schlecht. (Im australischen Englisch bedeutet nicht schlecht/not too bad soviel wie gut, während fantastisch als in Ordnung/alright formuliert wird. Dadurch fällt Laura mit ihrem enthusiastischen “I feel fantastatic” als Antwort auf “How are you?” sehr als Deutsche auf, die richtige Antwort an einem wunderschönen Tag wäre ein schlichtes “I’m alright”. In Australien gibt man sich stets bescheiden.)
Zurück zum Thema. In der Serie wurde die Arche erwähnt, Laura war direkt begeistert und hat noch am selben Tag die Tickets gebucht. Bei der australischen Arche (Aussie Ark) handelt es sich nicht etwa um ein Schiff, auch wenn ein solches bei den vielen Fluten in Sydney auch sinnvoll wäre. Stattdessen werden hier die vom Aussterben bedrohten tasmanischen Teufel aufgezogen und gezüchtet. Das Problem mit den Teufelchen ist das Folgende:
Einst gab es in ganz Australien tasmanische Teufel. Vor vermutlich rund 4000 Jahren brachten die Aborigines den Dingo, der also kein einheimisches australisches Tier ist (!), aus Asien nach Australien. Dieser war der effizientere Räuber und rottete den tasmanischen Teufel auf der australischen Hauptinsel bereits lange bevor die Engländer nach Australien kamen aus. Glücklicherweise gibt es auf Tasmanien keine Dingos, sodass sich die Population dort halten konnte. In den späten 90ern breitete sich dann jedoch das Devil Face Tumor Disease (DFTD) aus, welches zu Tumoren in den Gesichtern der Teufel führt. Diese Tumore wuchern so schnell, dass die betroffenen Tiere innerhalb von 6 Monaten verhungern oder verdursten, da sie keine Nahrung mehr zu sich nehmen können. Über 60 Millionen Dollar wurden bereits in die Bekämpfung der Krankheit gesteckt – ohne Erfolg. Im Durchschnitt verenden 30 Tiere pro Tag an den Tumoren. Wenn sich die Krankheit weiter so ausbreitet, werden die tasmanischen Teufel in 20 – 30 Jahren ausgestorben sein. Aus diesem Grund hat die Arche einen Plan B: Sie züchten eine komplett unabhängige Population an Teufeln heran, die nicht von der Krankheit betroffen sind. Bis die Teufel auf Tasmanien ausgestorben sind, gibt es hoffentlich in der Arche genug Tiere, um die Population nach Tasmanien zu übertragen und so mit einer “frischen” und gesunden Population von vorne zu beginnen. Im Gegensatz zu den sonst viel zu häufigen Kurzzeitlösungen handelt es sich bei dem Projekt also um ein riesiges Langzeitprojekt, dessen Erfolg man frühestens in 50 Jahren bemessen werden kann.
Darüber hinaus züchtet die Arche auch sechs andere, gefährdete Arten, insbesondere Raubbeutler wie den Tüpfelbeutelmarder und den Fleckschwanzbeutelmarder, sowie das Bürstenschwanz-Felskänguru. Normalerweise kann man die Arche, im Gegensatz zu Zoos oder Tierparks, nicht uneingeschränkt besuchen. Es werden nur Führungen zum tasmanischen Teufel angeboten. Da es sich jedoch um eine Nicht-Regierungsorganisation handelt, lebt sie von Spenden und öffnet jedes Jahr in den australischen Sommerferien für einen Monat die Tore, um Geld zu verdienen. Laura und ich hatten also großes Glück, dass sie Zac Efron zur richtigen Zeit entdeckt hat. (Ich habe nicht Zac Efron für mich entdeckt, sondern das Projekt…)
Donnerstag wurde es in Sydney auch schon wirklich ungemütlich durch riesige Wassermassen, welche sich aus dem Himmel auf uns ergossen. Freitagmorgen schleppten wir uns noch zum CrossFit, bevor Laura unser GoGet (Carsharing) Auto abholte, welches keine 5 Minuten von unserem Haus entfernt stets auf uns wartet. Mein eigener Wagen stand in Aachen, deutlich weiter von meiner Wohnung entfernt. Die Arche ist im australischen Outback, 5 Stunden nördlich von Sydney gelegen. Man könnte also auch sagen: “Mitten im Nichts”. Auf dem Hinweg machten wir nur einen kleinen Stopp an einer Tankstelle und einem Supermarkt für Snacks. Leider tankten wir nicht, was wir noch arg bereuen würden. Gegen 17 Uhr erreichten wir den Moonan Flat Pub, in dem wir uns eingemietet hatten. Obwohl es sich um den nächsten Pub vor der Arche handelt, ist er immer noch eine Stunde Schotterstraße entfernt. Der Pub war großartig – genauso wie ich das australische Outback in Erinnerung hatte: Die Menschen sehen aus wie richtige Bauern, jeder trinkt Bier, ein Dorf besteht aus maximal 6 Häusern, zu essen gibt es Burger, Schnitzel und Steak und es gibt noch mehr Bier. Als wir um fünf ankamen, war die Bar voll. Und als wir um 10 schlafen gingen, waren immer noch dieselben Menschen dort. Außerdem sind die alteingesessenen Australier sehr aufgeschlossen. Als Neuling wird man ständig angesprochen und darf sich anhören, wie sehr die Landbevölkerung die Großstadt verabscheut und wie viel schöner es doch mitten im Nichts sei. Es fühlt sich an, als sei hier die Zeit angehalten. So ungefähr stelle ich mir deutsche Dörfer vor 100 Jahren vor, nur halt mit schlechterem Wetter. Denn während Sydney mal wieder in Wassermassen versank, die den Bau einer echten Arche gerechtfertigt hätten, hatten wir grandioses Wetter. Außerdem hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass die Landschaften, die wir auf unserer Fahrt durchquerten, Laura wirklich gefielen und sie ein bisschen mehr nachvollziehen konnte, wieso ich mich so sehr in die australische Natur verliebt habe. Die Landschaft änderte sich von den immergrünen Eukalyptuswäldern im Laufe der Fahrt zu einer großen flachen Ebene mit viel Landwirtschaftsfläche und auch einer großen Kohlegrube mit Werk und Infrastruktur hin zu einem hügeligen Land, in dem auch unser Pub lag und später die Arche. Die Hügel waren relativ steil, von kleinen Bächen durchtrennt und mit wogendem goldenem Gras und Ansammlungen von Bäumen überzogen. Wie das Vorhandensein des Grases schon darauf hindeutet, überall ist Vieh (Kühe, Schafe, Pferde), das sich ziemlich frei bewegen kann und eine Menge Kängurus. Leider haben wir es nicht geschafft die Landschaft genauso einzufangen, wie man sie vor Ort wahrgenommen hat. Und eins noch: natürlich finde ich die australischen Eukalyptuswälder und Strände etc. auch wunderschön!
Zu Abendessen gab es – Trommelwirbel – Burger mit Pommes und für Laura leider nur Kartoffelsalat mit Pommes. Veganer kennt man in Outback nur aus dem Fernsehen oder der Zeitung. Zudem mussten wir nochmal zur nächsten Tankstelle, da Laura feststellte, dass unser Tank nicht mehr bis zur Arche und zurück reichen würden. Das Doofe am Outback: Mal eben zur nächsten Tankstelle bedeutet bedauerlicherweise weitere zwei Stunden im Auto… (Die in den Sonnenuntergangsstunden aber auch wunderschön und tierreich war!) Daher schafften wir sonst nur einen ganz kurzen Spaziergang durchs Dorf, wo wir unter anderem diese coole Brücke fanden:
Am nächsten Morgen konnten wir ausschlafen, denn es regnete und außer Spazieren kann man dort nicht viel unternehmen. Wir frühstückten in einem süßen Café direkt neben dem Pub (das zweite der fünf Gebäude) ganz traditionell Bacon und Ei Brötchen (für mich) und Bananenbrot und Salatsandwich (für Laura). Danach ging es auf zur Arche. Trotz eines kurzen Schocks als mehrere Schilder forderten “Nur Allrad-Fahrzeuge erlaubt”, erreichten wir unser Ziel unbeschadet. Insbesondere blieb das Auto ein Stück, wenn es auch die rötliche Färbung der australischen Erde annahm. Auch wenn die Schotterstraße anstrengend zu befahren ist, so ist man doch so nah an der Natur, wie es geht und ich habe es sehr genossen durch die Hügelwelt in die Wolken hinaufzufahren. Mein absolutes Highlight waren die Grasbäume, die wie Urzeitwesen scheinbar allem zu trotzen schienen.
Die Tour begann mit ein paar einführenden Worten, bevor uns die Gehege der Felskängurus gezeigt wurden. Diese waren jedoch all gut versteckt am Schlafen, sodass man nicht viel sehen konnte. Spannender war dann schon die Fütterung der tasmanischen Teufel mit einem ganzen Känguruschenkel. Wir durften mit ins Gehege, denn obwohl die Teufel den stärksten Biss aller Tiere besitzen, sind sie hauptsächlich Aasfresser. Es kann vorkommen, dass Teufel alte oder kranke Tiere reißen, aber das stellt die Ausnahme dar. Lebende Menschen stehen jedoch mit Sicherheit nicht auf der Speisekarte. Streicheln sollte man jedoch auf keinen Fall!
Auf den Bildern sieht man relativ viele Bisswunden auf den Rücken der Tiere. So schlimm es aussieht, diese Verletzungen sind vollkommen normal, da die Teufel in der Regel alleine leben und es deshalb öfter zu Rangeleien kommt, wenn Tiere sich an einer Futterstelle treffen. Die Teufel haben jedoch unglaubliche Immunsysteme, sodass sich die gefährlich aussehenden Wunden meist innerhalb weniger Tage wieder vollständig schließen.
Nach dem Teufelsgehege ging es zu den Beuteltüpfelmardern, von denen die meisten schliefen, da die Tiere nachtaktiv sind. Ein kleiner gepunkteter Marder musste aufstehen, damit wir ihn kurz anschauen und streicheln konnten. Viel Lust hatte er nicht, aber er arbeitet ja sozusagen für sein eigenes Futtern und das Überleben seiner Spezies. Außerdem durfte seine Freundin weiterpennen, auch wenn er sie, als er zurück im Gehege war, direkt erstmal aufweckte, um alles zu erzählen.
Zum Abschluss das Highlight der Tour: Wir durften tasmanische Teufelskinder auf den Arm nehmen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so nah an einen Teufel herankomme, insbesondere da es nur noch so wenige von ihnen gibt. Bei dem kleinen Weibchen auf den Bildern handelt es sich um ein Jungtier, welches noch deutlich kleiner als ihr großer Bruder ist, da sie zu Beginn ihres Lebens mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Jetzt geht es ihr jedoch gut und im Gegensatz zu den Mardern schien die Teufelsdame auch kein Problem damit zu haben, von Menschen gehalten zu werden. Alleine für dieses Erlebnis hat sich der Ausflug schon gelohnt.
Nun befinden wir uns leider schon wieder auf der fünfstündigen Fahrt nach Hause. Es war ein toller Wochenendausflug und ich würde die australische Arche jedem Sydneysider ans Herz legen. Ein tolles Projekt, das hoffentlich das Aussterben dieser beeindruckenden Tiere (und der anderen dort lebenden Arten) sichern kann.