Lange bevor Europäer nach Australien kamen, lebten hier bereits Menschen, über den ganzen Kontinent verteilt: die Aborigines. Auch wenn ich schon ein paar Monate hier bin, so habe ich dennoch nicht besonders viel Kontakt mit den Indigenen oder ihrer Kultur gehabt. Trotzdem ist ihre Anwesenheit für mich allgegenwärtig, da vor vielen Veranstaltungen ein Acknowledgement of Country (Anerkennung des Landes) gesprochen wird. Hierbei wird die kulturelle Bedeutung der Umgebung, in der man sich befindet, für einen bestimmten Aborigine-Clan oder eine bestimmte Sprachgruppe, die als traditionelle Besitzer des Landes anerkannt sind, hervorgehoben. Außerdem haben viele Ortsnamen indigenen Ursprung. Wobei z.B. unser geliebtes Coogee sich von dem Aborigine-Wort “koojah” ableitet, was so viel wie “schlechter Geruch” oder “stinkender Ort” bedeutet (das wiederum an dem Seegras liegt, das regelmäßig an den Strand gespült wird, aber mittlerweile natürlich immer weggeräumt wird).
Für mich ist es eine ganz neue Erfahrung in einem Land zu leben, das so lange vom Rest der Welt isoliert war und auf dem sich dadurch eine Kultur gebildet hat, die zehntausende Jahre nicht unter dem Einfluss unserer westlichen Kultur stand. Australien ist nicht gerade das lebensfreundlichste Land, vor allem wenn man sich nicht mit der vollkommen fremden Flora und Fauna auskennt. Über die lange Zeit, die die Indigenen hier gelebt haben, haben sie unglaublich viel über die Natur gelernt. Sie haben den ganzen Kontinent besiedelt und Wege gefunden, wie sie die Ressourcen nachhaltig nutzen können. Die Kultur der Aborigines beruht auf der Überzeugung, dass Mensch und Natur eine Einheit bilden, was den Umweltschutz, die Landbewirtschaftung und den Naturschutz fördert. Dabei darf man nicht vergessen, dass es mehrere hundert verschiedene soziale Gruppen und fast genauso viele verschiedene Sprachen gab.
Leider weiß ich nicht besonders viel über die Ureinwohner dieses Landes. Allerdings belege ich die nächsten Wochen die Unikurse Land-Nutzung und Land- und Umweltrecht, in denen auch über das Planen mit Aborigines gesprochen wird. Hier habe ich bereits gelernt, welche Auswirkungen die Kolonialisierung hatte. Ich möchte hier nicht auf die ganzen Gräueltaten eingehen, die in diesem Land verübt werden, aber man sollte dies natürlich nie vergessen. Zum Zeitpunkt der Entdeckung von Australien durch die Europäer lebten wohl um die 500.000 Indigenen hier. Ihre Zahl ging in der darauffolgenden Zeit stark zurück, aber liegt jetzt wieder bei über 600.000. Auch das Land, das man ihnen genommen hat, ist wenigstens teilweise wieder zurückgegeben worden (in rosa die indigenen Gebiete):
Aber der eigentliche Anlass für den heutigen Blogeintrag ist folgender: ich habe heute eine “Bush-Tour” im Botanischen Garten in Sydney mitgemacht, in der einheimische essbare Pflanzen vorgestellt wurden. Unser Führer hat das Wissen über die Pflanzen von seinen Verwandten gelernt und uns eine sehr unterhaltsame Tour gegeben. Dabei habe ich gelernt, dass die einheimischen Pflanzen hier oft einen sehr starken (sauren oder citrusartigen) Geschmack haben und einige auch giftig sind, dabei aber oft sehr wertvolle Inhaltsstoffe besitzen. Manche helfen gegen Krankheiten, Wunden, beinhalten viele Vitamine oder Kollagen. Bei der Führung habe ich das Gefühl bekommen, dass die Einheimischen gelernt haben wirklich jede Einzelheit einer Pflanze zu nutzen. Fast bei jeder Pflanze konnte unser Guide mehrere Verwendungen nennen, seien es die Früchte, Blätter, Rinde, der Pflanzensaft, die Blütenstände oder anderes. Grasbäume produzieren beispielsweise ein Harz, das zusammengemischt mit Ton/Erde zementartige Eigenschaften erzeugt (und feuer- und wasserfest ist) und seine Blüten richten sich immer nach Norden aus, sodass sie als Kompass verwendet werden können. Bei manchen Erkenntnissen der Aborigines frage ich mich allerdings, wie sie darauf gekommen sind. Es muss so viel ‘Trial-and-Error’ gewesen sein. Als Beispiel: Eine giftige Frucht legen sie wochenlang in ein fließendes Gewässer, wodurch das Gift herausgespült werden kann. Bei der Führung bin ich auf den Geschmack von einigen der einheimischen Pflanzen gekommen (wie der australischen Zitronenmyrte) und werde mich jetzt auf jeden Fall nach einer guten Teesorte umschauen, um auch in den Genuss der guten (und leckeren) australischen Pflanzen zu kommen.
Zurück zum Titel dieses Eintrags: Es ist unglaublich, wie die indigenen Völker Australiens gelernt haben, hier zu überleben. Sie sind eins mit dem Land geworden, haben ihm viele Geheimnisse entlockt und es gibt eine Menge, dass man von ihnen lernen kann!